• Mär
    10.

    Seekrankheit: Wege aus der Kinetose

    Die Seekrankheit (SK) zählt zu den Bewegungskrankheiten (Kinetose)

    Ein Schiff kann sich um seine Längs-, Quer- und Vertikalachse bewegen beziehungsweise drehen und zusätzlich durch Seegang, Wind und Fahrt parallel zu diesen drei Achsen versetzt
    werden. Die Gesamtschiffsbewegung ist also eine Kombination aus mehreren Einzelbewegungen. Die Beschwerden treten in Zusammenhang mit der eigenen
    Körperhaltung und der Umgebungsbewegung auf. Unser Gehirn gleicht alle
    Informationen mit den Bewegungsmustern ab, die der Mensch aufgrund seines Lebens
    an Land (zum Beispiel Gehen auf ebenem Boden) erlernt hat. Die Ursache der Kinetose
    liegt nun in der Diskrepanz zwischen den Sinneseindrücken der Augen und des
    Gleichgewichtsorgans und wird zusätzlich durch die Stellung von Gelenken und
    Muskulatur sowie die Haltung des Kopfes und die Empfindungen im Bauchraum
    beeinflusst (= intersensorisches Konfliktmodell). Wenn man unter Deck auf einem
    Segelboot beziehungsweise im Inneren einer Kabine sitzt, dann signalisieren die
    Augen eine ruhende Umgebung, während das Gleichgewichtsorgan und die
    Anspannung der Skelettmuskulatur die Schiffsbewegungen wahrnehmen.

    Die SK wird auch durch das Beobachten von Wellen auf einem schwankenden Schiff ausgelöst. Vor allem der Überträgerstoff Histamin gilt als mitverantwortlich für das Auslösen von
    Erbrechen.

    Fast jeder Mensch (bis zu 90 Prozent) kann anfällig sein, vor allem aber in einer
    Überlebenssituation, vielleicht verbunden mit Angst und Panik, wie z um Beispiel beim
    Aufenthalt in einer Rettungsinsel. In bis zu 60 Prozent kann es im Extremfall auch
    erfahrene Schiffsbesatzungen treffen, was dann den Ausfall eines großen Teils der
    Besatzung nach sich ziehen und die Schiffssicherheit beeinträchtigen kann.

    Seekrankheitssymptome (unter anderem Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Völlegefühl,
    Schweißausbrüche, Übelkeit, Erbrechen) können vielfältig sein in Abhängigkeit von
    der Expositionsdauer, der Intensität der Schiffsbewegungen und der Gesamtsituation.
    Sie unterscheiden sich von Mensch zu Mensch und sind auch abhängig von Alter,
    Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit. Kinder unter 2 Jahren sind immun, bis zur
    Pubertät gibt es mehr männliche als weibliche Betroffene, im Erwachsenenalter
    jedoch deutlich mehr Frauen (bis zu 70 Prozent) als Männer, vor allem während der
    Menstruation und Schwangerschaft. Nach dem Klimakterium sind Frauen wie Männer
    zu gleichen Anteilen betroffen. Im Vergleich zu Menschen mit westeuropäischer
    Abstammung sind Asiaten und hier insbesondere die Chinesen stärker anfällig.

    Es brauchen nicht alle Symptome aufzutreten, ehe Übelkeit einsetzt. Manche
    Menschen fühlen sich einfach nur übel, ohne sich zu übergeben, andere übergeben
    sich zum Teil schlagartig ohne Vorwarnung. Die SK kann zur Austrocknung des
    Körpers und zum Mineralstoffverlust führen. Ein Gewöhnungseffekt und ein
    Abklingen der Seekrankheitssymptome setzen in den meisten Fällen nach 24 Stunden
    ein. Ansonsten ist eine intensivere medizinische Therapie unter anderem mit
    Infusionen erforderlich.

    Vorbeugung: Akupressurbänder (diese müssen beidseitig an der Innenseite des
    Unterarms in Handgelenknähe angelegt werden), Brille mit künstlichem Horizont
    aufsetzen, Einnahme von Vitamin C oder Ingwer. Kohlenhydrathaltige, aber keine
    voluminösen Mahlzeiten einnehmen und histaminhaltige Nahrungsmittel meiden
    wie zum Beispiel Salami, Hartkäse, Thunfisch aus der Dose, Sauerkraut, Tomaten,
    Spinat. Ebenfalls zu meiden sind: Schokolade, Knabbergebäck, Walnüsse, Bananen,
    Kaffee, schwarzer oder grüner Tee, Rotwein.

    Unterschiedliche Personenkreise (zum Beispiel Berufsseeleute, Einsatzkräfte,
    Passagiere auf Kreuzfahrtschiffen, Segler, Taucher) brauchen eine unterschiedliche
    Beurteilung hinsichtlich der medikamentösen Prophylaxe und Therapie. Wenn z um
    Beispiel bei einer Behandlung mit Medikamenten eine Fahruntüchtigkeit zu
    befürchten ist, dann darf eine Schiffsführung derartige Präparate nicht einnehmen.

    Medikamente: Prophylaktische und/oder therapeutische Wirksamkeiten sind bei den
    verschiedenen Substanzklassen sehr unterschiedlich ausgeprägt und immer nur mit
    einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Als Therapie scheidet eine Einnahme
    über den Mund bei Erbrechen wegen fehlender Aufnahme des Medikamentes über
    den Darm weitestgehend aus. Grundsätzlich kann jedes der gebräuchlichen
    Medikamente (Dimenhydrinat, Cinnarizin, Scopolamin, Promethazin) relevante
    Nebenwirkungen (wie Antriebslosigkeit, Müdigkeit, reduzierte Reaktionszeiten)
    haben. Vom Nebenwirkungsprofil erscheinen in der Therapie für Einsatzkräfte
    geeignet, aber im Kontext der SK wenig erprobt beziehungsweise nicht zugelassen:
    Setrone (zum Beispiel Ondansetron als Schmelztablette). In der Notfallmedizin
    werden diese Medikamente erfolgreich bei Erbrechen eingesetzt. Ebenfalls bewährt
    hat sich bei Erbrechen das Riechen an einem mit Alkohol getränkten Tupfe r.
    Isopropylalkohol steht als Desinfektionsmittel universell zur Verfügung.

    Maßnahmen: Bei beginnenden Symptomen Aufgaben übernehmen (z um Beispiel
    Steuern auf einem Segelboot), spezielle Atemtechniken anwenden, Bewegungen des
    Schiffes aktiv ausbalancieren und wenn möglich den „ruhigsten“ Ort an Bord
    aufsuchen: das heißt in geringer Höhe über der Wasseroberfläche und möglichst in
    beziehungsweise nahe der Schiffsmitte, am besten an Deck, mit frischer Luft und
    freiem Blick auf den (stabilen) Horizont, dabei das sich bewegende Schiff aber im
    Augenwinkel miterfassen, oder sich hinlegen, vorzugsweise in Rückenlage, und die
    Augen geschlossen halten (Schlafmaske tragen)

    .Aktiv gegen die Seekrankheit was hilft?
    Zur Vorbeugung:

    Akupressurbänder beidseitig an den Innenseiten der Handgelenke anlegen

    Brille mit künstlichem Horizont aufsetzen

    Vitamin C oder Ingwer wirken gegen Übelkeit

    kohlenhydrathaltige, aber nicht zu üppige Mahlzeiten einnehmen

    histaminhaltige Nahrung meiden

    Prophylaktisch und akut wirkende Medikamente

    Manche antiemetischen, also die Übelkeit dämpfenden Medikamente, die für die
    Seekrankheit zugelassen sind, enthalten die Wirkstoffe Dimenhydrinat, Cinnarazin,
    Scopolamin oder Promethazin. Als Nebenwirkungen treten jedoch oft Müdigkeit und
    eine verlängerte Reaktionszeit auf für Mitglieder der Schiffsführung sind die
    Wirkstoffe daher tabu.

    Hilfe bei akuten Beschwerden

    Beschäftigung suchen/Ablenken

    spezielle Atemtechnik

    Blick auf den Horizont

    Aufenthalt möglichst nahe der Schiffsmitte

    in Rückenlage legen, Augen schließen